Freitag, 14. Dezember 2018

Informier dich über dein Thema!

Wer kennt es nicht: Man unterhält sich gerade über irgendwas Belangloses und plötzlich geht es ums Essen. (An dieser Stelle bitte eine dramatische Musik vorstellen)

Gerade war die Stimmung noch so gut und jetzt? Irgendwie kommst du nicht drum herum dich als Veganer zu outen. Was passiert? Ablehnung? Ignoranz? Oder auch sehr beliebt: Angriff?

Letzteres ist eine sehr häufige Reaktion, die ich selbst immer wieder erlebe. Lange Zeit wusste ich nicht, warum jemand so heftig darauf reagiert, wenn er erfährt, dass ich mich vegan ernähre. Das Harmloseste was kommt ist dann: "Das könnte ich niemals." Oder: "Wie machst du das dann mit den Nährstoffen?" usw. usw. usw. Ich glaube, da brauch ich euch nichts zu erzählen.

Irgendwann stieß ich dann durch meine ehrenamtliche Tätigkeit bei ProVeg Weiden auf die Mitbegründerin von ProVeg International: Dr. Melanie Joy. Sie hat dieses Phänomen, das man wohl am besten mit den Worten "Angriff ist die beste Verteidigung" umschreiben kann, analysiert und erkannt, dass sich dahinter ein anerzogener Glauben verbirgt, den sie als "Carnism" (Karnismus) bezeichnet. Von Kindesbeinen an wird uns erzählt, dass es Haustiere, Nutztiere und wilde Tiere gibt und das das eine mit dem anderen nichts zu tun hat und vor allem nicht das gleiche ist. Wer dazu mehr erfahren will, dem empfehle ich sich mal folgenden Vortrag von Frau Dr. Joy zu Gemüte zu führen: https://www.youtube.com/watch?v=7vWbV9FPo_Q

Was also löst die heftige Reaktion bei den Menschen aus, wenn wir uns als Veganer "outen"? Wir bedrohen ihr Weltbild. So übertrieben das klingt, aber so ist es nun mal. Immer und überall wurde ihnen eingetrichtert, dass es notwenig, natürlich und normal ist, dass wir Tiere versklaven, töten und essen müssen, um überleben zu können. Und dann kommt da plötzlich so einer daher und behauptet, dass all die Grausamkeiten gegenüber den Tieren, dass die eigene Überwindung, die es kostet oder gekostet hat, sich ans Fleisch essen zu gewöhnen (die meisten Kinder mögen Fleisch gar nicht) und alles andere, was so als Rattenschwanz an einer karnistischen Lebensweise dran hängt (Diabetes, Herzkrankheiten, Fettleibigkeit, Umweltzerstörung usw.), dass also all das überhaupt nicht notwendig, natürlich oder normal ist.

Das Dümmste und zugleich Schlimmste, was man als Veganer nun machen kann, ist sich selbst über den anderen zu stellen. Sich gleichsam als etwas Besseres zu sehen. Bedenke, die Allerwenigsten von uns sind von Geburt an vegan. Wir alle waren vorher nicht anders, als die Karnisten, die da jetzt vor einem stehen und sich in ihrer Existenz bedroht fühlen. Was wir also einzig und allein in dieser Situation tun können, ist so schnell wie möglich das Thema zu wechseln und ja nicht weiter darauf rum zu hacken, wie falsch und schlecht sich doch der oder die anderen benehmen, weil sie Fleisch essen und Pelz tragen. Bringt das Gespräch weg vom Essen und vom veganen Lebensstil in ruhigere Fahrwasser!

Wenn sich der ein oder andere aus der Gesprächsrunde jedoch später an euch wendet und Fragen stellt, dann ist eure große Stunde gekommen. Und dann gilt es aber! Jetzt müsst ihr beweisen, was ihr könnt und wisst. Jeder von uns kennt aus eigener leidvoller Erfahrung die Hauptargumente des Karnismus, die wie viele Glaubenssätze auf falschen Annahmen beruhen. "Mangelernährung", "Proteine", "B12", usw. Hier müsst ihr euch informieren! Hier müsst ihr fit sein! Diese Argumente könnt ihr entkräften, mit entsprechendem Faktenwissen. Das hier aufzuführen würde den Rahmen des Artikels sprengen, deshalb empfehle ich hier auch gerne den Youtubekanal "vegan ist ungesund" von Gordon und Aljosha, die auf witzige und unterhaltsame Weise Faktenwissen vermitteln und euch so für Argumentationen fit machen.

Worauf ihr euch aber auf keinen Fall einlassen solltet, sind ethische Diskussionen. "man kann doch (nicht)", "man darf doch (nicht)",...
Wer so anfängt versucht lediglich dafür zu sorgen, dass ihr euch in euren eigenen Argumenten verrennt. Hier zählen keine objektiven Fakten. Ethik ist zuletzt immer auch eine Glaubensfrage. Sobald ihr euch auf solche Gespräche einlasst, habt ihr schon verloren. Denn ihr werdet zwangsläufig versuchen, den anderen für euch zu gewinnen. Aber versucht das ruhig mal. In einem halbstündigen Gespräch die Glaubenssätze eines ganzen Lebens umzukrempeln ist ziemlich schwer.

Erinnert euch dazu doch einfach an eure eigene "Konvertierung". Bei den meisten ging das nicht vom einen auf den anderen Tag. Ich selbst war erst einmal ein dreiviertel Jahr vegetarisch und der Übergang von vegetarisch auf vegan hat bei mir auch ca. 3 Monate gedauert, bis ich wirklich bewusst und immer darauf geachtet habe, auf Tierprodukte zu verzichten.

Noch ein wichtiger Punkt zum Abschluss dieses Beitrages: NIEMAND, ich wiederhole NIEMAND, der heute und in unserer Gesellschaft lebt, lebt zu 100% vegan! Selbst die absoluten Verfechter des veganen Lebensstils, die wirklich jedes Alltagsprodukt auf seine Herkunft und Verarbeitung hin untersuchen (und ganz ehrlich, wer hat da schon Zeit und Lust dazu), werden es nie schaffen, völlig tierleidfrei zu leben.

Also macht weder euch noch andere fertig, nur weil ihr es nicht schafft. Steigt ab und zu mal von eurem mentalen Ross ("Ich bin jetzt vegan, ich bin besser, als ihr Tierleidverursacher") herunter, tretet einen Schritt zurück, betrachtet euch selbst und sagt euch einfach: Du tust was du kannst und er tut, was er kann und jeder Schritt in die richtige Richtung ist ein guter Schritt.

In diesem Sinne wünsche ich euch eine gute Zeit.
Lasst euch nicht aufhalten, lebt euer Leben und seid glücklich!

Liebe Grüße,
Evi

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